Alltagshelden: Dauerblüher und Anpassungsmeister

Während viele Staudenbegeisterte ganz wild auf Raritäten sind, hingebungsvoll heikle Exemplare päppeln und alle Register der Hortikultur ziehen, um ihre Schützlinge zum Wachsen zu bringen, habe ich nach ca. 8 Jahren Testen und Beobachten im Garten einige Arten liebgewonnen, die nicht unbedingt ganz oben auf der Beliebtheitsskala stehen. Vielen ist gemein, dass sie Trockenheit überraschend gut tolerieren und insgesamt unkompliziert sind.

Bistorta amplexicaulis (syn. Persicaria amplexicaulis, Polygonum amplexicaulis) (Kerzen-Knöterich)

Kerzenknöterich ist definitiv eine kommende Staude, die zurecht beliebter wird. Eine umfangreiche drei Jahre dauernde Sortensichtung erfolgte ab 2014. Auf der Webseite www.persicaria.de haben Torsten Mattschiess, Moritz Vögeli und Till Hofmann (Redaktion) etliche Sorten im Detail vorgestellt. Aufgrund der laut Literatur grossen Vorliebe für feuchte Böden machte ich zunächst einen Bogen um diesen Knöterich. Ein Baustellenfindling gedieh dann bereits in der ersten Saison so gut, dass ich zwei Sorten dazu bestellte. Die Standfestigkeit ist meist gut und recht sortenabhängig. In der vergangenen Saison 2019 begeisterten sie mit Dauerblüte von etwa Juli bis Oktober, unterstützt mit unregelmässigen Wassergaben. Die Wuchshöhe lag bei ca. 0,8-1,0 m, was sicher am eher trockenen Standort und dem jungen Wurzelwerk lag. Laut Katalog liegen die meisten Sorten eher bei 1,2 m bis 1,4 m. Der dichte Wuchs macht kurzes Spiel mit Unkräutern, aufgrund seiner grossen Konkurrenzstärke und Wuchskraft braucht er dementsprechende Nachbarn. Schnecken sind eigentlich kein Problem. Die Blütenkerzen geben aparte Akzente in Bouquets und werden auch von Insekten besucht.

Helianthus microcephalus-Hybride 'Lemon Queen'

Der Name der “Zitronenkönigin” lief mir noch zu Studienzeiten in Berlin über den Weg. Jahre später, in der ersten Saison im Familiengarten, gaben staudenbegeisterte Gartennachbarn drei Stückchen ab. Ich war erfreut über das Wiedersehen, die zart gelben Blüten sind unverkennbar. Schon im ersten Standjahr wuchsen die drei Stöcke flott in die Höhe und blühten reichlich. Sie erreichen etwa 1,4 m bis 1,7 m Höhe, sind erstaunlich trockenheitsverträglich und kommen mit sehr wenig zusätzlichem Wasser aus. Die Halme sind sehr gut standfest und kippen auch im Winter nicht um. In dichten Beständen oder im feuchten Frühjahr leiden sie etwas unter Schneckenfrass. Die Konkurrenzkraft ist nicht sehr gross, in engen Beständen, zB. benachbart von Miscanthus, schwinden sie. Das Laub wird manchmal gegen Ende der Saison dezent pilzig, vorteilhaft sind mittelhohe Nachbarpflanzen, die etwas die kahlen Stengel verdecken. Honigbienen und andere Insekten besuchen die Blüten. Diese eigne sich auch bestens zum Schnitt. Frisch geschnitten welken sie manchmal, erholen sich aber über Nacht. Mit manierlichen Rhizomen breitet sie sich etwa 5-10 cm zu den Seiten aus. Ihre strahlend hellgelben Blüten haben eine tolle Fernwirkung und sind zu vielen Farbtönen kombinierbar. Die Blüten erscheinen etwa von August bis Anfang Oktober.

Teucrium hircanicum (Kaukasus-Gamander)

Diese Art setzte ich zuerst als Füllpflanze für eine Staudenpflanzung in Basel ein (Tangentenweg). Raschwüchsig, dauerblühend, trockenheitsverträglich, ergab meine Recherche, im Gelände erfüllten die Pflanzen meine Erwartungen. Anders als sehr zarte Füllpflanzen wie Campanula persicifolia hat der Kaukasus-Gamander erstaunlich viel Ellenbogen. Er samt sich reichlich in Vegetationslücken aus und besetzt mit seinen wintergrünen flachen Blattschöpfen (für Rosetten sind sie zu unregelmässig) erfolgreich grössere Bereiche. Ausjäten lässt er sich leicht, wer Sämlinge vermeiden will, sollte die abblühenden Blütenstände entfernen. Falls Pflanzen nach Starkregen auseinanderkippen oder etwas müde-blass aussehen, regt ein beherzter Rückschnitt eine neue Blüte mit frischen Stängeln an. So blüht der Kaukasus-Gamander mit kleinen Pausen vom Sommer bis zum Herbst. Das Laub ist weitgehend gesund, heftige Mehltau-Attacken mit weissem Belag wie z. Bsp. bei Salvia verticillate treten nicht auf. Die einfache Art wird etwa 50-60 cm hoch, die Sorte 'Paradise Delight' ist etwas kompakter und intensiver gefärbt. Seine Standortansprüche sind bemerkenswert flexibel, neben voller Sonne verträgt er laut Gartenpraxis auch Schatten und nimmt mit trockenen bis frischen Böden vorlieb.

 

 

Veronica longifolia (Wiesen-Ehrenpreis)

Diese Art überraschte mich durch ihre Trockenheitstoleranz. Ein paar Staudenteile „ohne Stammbaum“ wanderten von Gartennachbarn zu mir. Laut Katalog meist mit einer durstigen 2-3 klassifiziert, nahmen sie eher klaglos die Sommerhitze hin und überdauerten auch drei Wochen Sommerferienpause, während ich bei Phlox paniculata-Hybriden aufgegeben habe. Ein Rückschnitt spätestens zum Abblühen regt neue Blütentriebe aus den Blattachseln an, je zeitiger und tiefer der Rückschnitt, desto üppiger. Mit ca. 70 cm passt sie gut in den Mittel- bis Hintergrund, die blauen Kerzen ergeben schöne Kombinationen mit vielen Nachbarn. Weitgehend standfest, eigentlich nicht von Schnecken heimgesucht, moderat im Jahreszuwachs, mit nur wenigen Sämlingen und gute Eignung als Schnittblume runden den Strauss guter Eigenschaften ab. Die Blüten werden ua. von der borstigen Dolchwespe und Honigbienen besucht.

Veronica umbrosa 'Georgia Blue' (Polster-Ehrenpreis)

Dieser zähe Alleskönner fiel mir bei einer öffentlichen Pflanzung auf. Das Laub ist in Basel fast immergrün und färbt sich im Winter rötlich. Die zart wirkenden Ranken bilden energische Polster von ca. 10 cm Höhe mit überraschender Konkurrenzkraft, die Polyantha-Rosen ohne Eingreifen in Bedrängnis bringen können. Die strahlend himmelblauen Blüten mit weissem Auge erscheinen etwa im April, je nach Witterung erscheint ein zweiter Flor im Herbst. Sie lassen sich zu Wildstauden oder Beet-Rosen kombinieren und gedeihen auch im Steingarten. Die Vermehrung ist dank zahlreicher Wurzeln an den Nodien der Triebe denkbar einfach durch Teilung oder unzeremonielles Abzupfen und einbuddeln. Kräftige Blumenzwiebeln schaffen es durch das Polster, die meist zeitgleich blühenden einfachen frühen Tulpen und Darwin-Hybriden lassen sich gut zum leichten Blau kombinieren.

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